Freitag, 20. Februar 2015


DTV = durchschnittlicher Tagesverkehr,
Quelle: http://www.oeaw.ac.at/krl/tagung/documents/Neuberger.pdf



Das empfehlen die in der Bildunterschrift genannten Sachverständigen im Rahmen einer Studie, die für die Steiermärkische Landesregierung erstellt wurde. Das Diagramm stellt dar, in welchem Abstand zu belastete Straßen Wohnen verhindert,  noch verantwortet, und wo es von der öffentlichen Hand explizit gefördert werden darf.

Betrachten wir nun exemplarische Verkehrsdaten des Landes Tirol (hier abzurufen: https://apps.tirol.gv.at/verkehr/vde/index.php ).....

exemplarische Verkehrsdaten



…und stellen diese in Relation zur Flächenwidmung (die hier nachgeschlagen werden kann: https://www.tirol.gv.at/statistik-budget/tiris/ )….




Überblick Flächenwidmung im Ballungsraum um Innsbruck: rot ist sind Bauland und Baulandähnliche Sonderflächen dargestellt; violett ist Gewerbegebiet



…..so  sind zwei Fragen zu stellen:
Warum bauen wir Wohnhäuser unmittelbar an derart befahrenen Straßen?
Warum nehmen wir die erhobenen Verkehrsdaten vorwiegend als Argument Verkehrsknoten zu entschärfen (also den Verkehrsfluss zu erleichtern) und nicht als Argumente eine deutliche Verschiebung des Modal Split zu forcieren?

Angenommen, dass a) damit begründet wird, dass dort auch oft der öffentliche Personennahverkehr (ÖV) verläuft und daher dort die beste Zugänglichkeit für Bewohner besteht – einem Argument, dem ich mich als Raumplaner keinesfalls verschließe, besteht die unumgängliche Notwendigkeit, – ausgehend vom Diagramm der Luftschadstoffsachverständigen - ab einem durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) von über 5000 KFZ jedenfalls die weitere Belastung auf den öffentlichen Personennahverkehr umzulegen und dessen Ausbau entsprechend zulasten des MIV (motorisierten Individualverkehrs) voranzutreiben.*
Exemplarisch würde das für den Südring in Innsbruck (an dem derzeit gerade zwei größere Wohnprojekte realisiert werden) bedeuten, den DTV von ca. 40000 auf 5000 KFZ zu senken und entsprechende Kapazitäten im ÖV bereitzustellen um das abzufangen.


Also 35000x1,4 (Besetzungsgrad pro PKW in Österreich, manche Statistiken gehen von weniger aus) = ca. 49000 Fahrgäste mehr in der Relation Südring. Die Zeit wäre demnach reif für kürzere S-Bahnaufenthalte in Innsbruck (dzt. 7 Minuten, was das Durchfahren sehr unattraktiv macht), Doppelstock-S-Bahnen und Rückbau des Südringes auf zwei MIV spuren zugunsten einer eigene ÖV-Spur für den T-Bus, Radwegen und später eine Straßenbahn vom Sieglanger bis zur Rossau (mindestens).
Was es für andere Orte in Tirol heißt, kann sich jeder anhand der Daten ausrechnen: Einfach 5000 vom DTV abziehen und schauen was dann übrig bleibt. Für mehr ÖV z.B. auf den Kaunerberg wird es zwar nicht reichen (und dort wird auch das Auto erste Wahl bleiben müssen, wobei man per pedes auch recht schnell oben ist) –aber am Talboden wäre einiges drin.
Mich bestärkt jedenfalls diese Analyse in der Ansicht, dass die Mittelverteilung bei Infrastrukturmaßnahmen noch immer verdreht ist. Sie würde vereinfacht gesagt nämlich aufgrund der Argumente Schadstoffe und Platzverbrauch bedeuten, dass im Ballungsraum zwischen Landeck und Kufstein fast nichts mehr in Straßenbau und -erhalt, fast alles jedoch in den Umweltverbund (ÖV, Fußwege, Radwege) gesteckt werden muss.
P.S. und wer sagt, dass dann die Wirtschaft zum Erliegen kommt, sehe sich die Zähldaten im Detail an – z.B. hier: Der nicht reduzierte LKW-anteil würde ca. maximal ein Drittel der 5000 verbleibenden betragen (denn leider muss ich zugeben, dass die Bahn tatsächlich logistisch nicht mehr willens und in der Lage ist Stückgutgüterverkehr abzuwickeln)

Zählstwelle Egger-Lienz-Straße (= westlicher Südring); Details zum LKW-Verkehr

 






*) In diesem Zusammenhang möchte ich DI Walter Zimmeter vom städtischen Tiefbauamt Innsbruck zitieren, der mich vor einigen Jahren anlässlich der Verbannung des ÖV aus der künftigen Fußgängerzone Maria Theresienstraße gefragt hat, „ob ich es akzeptieren würde, wenn man in meinen Wohnzimmer mit (dreckigen) Straßenschuhen ginge“ . Wenn nun also  Fahrverkehr (ich gehe nicht davon aus, dass DI Zimmeter damit speziell den ÖV meinte) mit dreckigen Straßenschuhen im Wohnzimmer zu vergleichen ist, müsste dasselbe wohl gerade dort gelten, wo Menschen tatsächlich vorwiegend wohnen und nicht nur vorwiegend konsumieren.

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