Sonntag, 24. Februar 2013

Wenn man den Feinstaub nur wirklich sähe, wie den Schnee auf dem Photo. Doch er ruft ja nicht einmal einen direkten Hustenreiz hervor. Und flux ist er in unserem Körper.
Da man gerade in der Öffentlichkeit damit beschäftigt ist, sich über die VCÖ-Studie zum Feinstaub in Tirol zu empören, erscheint eine Klarstellung notwendig. 

Statistiken sind immer Zahlenspielereien: Nur ein Homo-Ludens ist auch ein forschender Mensch.
Grob nachgerechnet stimmt die Studie des VCÖ. Rein rechnerisch würde jedem einzelnen Tiroler ca. 0,7 kg Feinstaub Pm 2,5 aus Verkehrsproduktion „zustehen“. Ich bin sogar der Meinung, dass der VCÖ hier untertreibt (vgl. Anmerkungen zum Schluss).

Die Frage ist nur, ob auch wirklich von allen Einwohnern die gleichen Anteile eingeatmet werden, und wie sich der Staub sonst in der Umwelt absetzt. Aber das wurde in der Studie auch nicht in irgendeiner Richtung tendendierend unterstellt.

Was die Studie des VCÖ nicht hervorhebt ist der sinkende Verkehrsanteil am Feinstaub – einfach, weil die in der Bundesluftschadstoffinventur angegebenen 30% noch immer sehr hoch sind. Es ist besser geworden - aber noch lange nicht gut genug.
Einen Erfolg für sich zu verbuchen nur weil z.B. bei einer Schularbeit fast 50% der Klasse negativ abschlossen und man selbst ein Genügend bekam, hat wohl schon jeder, der in einer solchen Lage war, versucht, die Eltern nahmen es einem aber nicht ab - und man selbst ehrlicherweise auch nicht. 

Aus diesem Grunde ist der Standpunkt des VCÖ meiner Meinung nach legitim und auch im Rahmen der Aufgabestellung seriös.

Was der VCÖ nicht kommentiert, sind die Daten über die weiteren nicht verkehrlichen Emittenten, die auch nicht zu verachten sind, insbesondere, da der Hausbrand durch unsachgemäßes Holzheizen zu neuen Emissionhöhen aufbricht. Aber das ist branchenspezifisch – ein Verkehrsclub wird das Thema Hausbrand logischerweise nicht bearbeiten - denn das wäre wirklich nicht seriös.

Liest man die Luftschadstoffinventur, so wird man bald feststellen, dass alles leider sehr kompliziert ist. Einfache Antworten gibt es bei der der Suche nach der Wahrheit fast nie.
Aber es gibt Möglichkeiten in einzelnen Teilbereichen einfache und griffige Aufbereitungen zu machen, die Entscheidungsträger beim positiven Handeln unterstützen, auch wenn manche das unseriös schimpfen und in automatische Abwehrhaltungen verfallen.

Ein Positives hat die VCÖ-Studie für alle, ob Gegner oder Befürworter: Man schaut genauer auf die Quelle - also die Luftschadstoffinventur. Und das Büchlein ist lesenswert.


Zur Quellenlage:

Land Tirol, Abgrenzung Luftsanierungsgebiet Pm10
Gemeinden Absam, Aldrans, Ampass, Angath, Angerberg, Bad Häring, Baumkirchen, Breitenbach am Inn, Brixlegg, Bruck am Ziller, Buch bei Jenbach, Ebbs, Flaurling, Fritzens, Gallzein, Haiming, Hall in Tirol, Hatting, Stadt Innsbruck, Inzing, Jenbach, Kematen in Tirol, Kirchbichl, Kolsass, Kolsassberg, Kramsach, Kufstein, Kundl, Langkampfen, Mieming, Mils, Mötz, Münster, Oberhofen im Inntal, Oberperfuss, Pettnau, Pfaffenhofen, Pill, Polling in Tirol, Radfeld, Ranggen, Rattenberg, Reith im Alpbachtal, Rietz, Rinn, Rum, Schwaz, Silz, Stams, Stans, Strass im Zillertal, Schwoich, Thaur, Telfs, Terfens, Tulfes, Unterperfuss, Volders, Völs, Vomp, Wattens, Weer, Wiesing, Wörgl und Zirl bis zu einer Höhe von 700 m ü. A.
Statuserhebung: Umweltbundesamt Jänner 2004
Überschreitungen: PM 10 Tagesmittelwert 2002

Anmerkung: Wenn man die Meldedaten des Jahres 2010 für die der o.a. Gemeinden ermittelt, deren Ortszentrum unter 700m ü.M. liegt, so kommt man auf ca. 330000 betroffene Einwohner.

VCÖ-Studie Februar 2012 zum Feinstaub
VCÖ: Pro 1.000 Einwohner hat Tirol höchste PM2,5 Emissionen durch Verkehr
(Verkehrsbedingte PM2,5 Emissionen in kg pro 1.000 Einwohner)
1. Wien: 369 kg PM2,5 pro 1.000 Einwohner
2. Vorarlberg: 401 kg
3. Steiermark: 457 kg
4. Burgenland: 513 kg
5. Salzburg: 618 kg
6. Oberösterreich: 626 kg
7. Niederösterreich: 647 kg
8. Kärnten: 658 kg
9. Tirol: 736 kg
Österreich: 551 kg
Quelle: Umweltbundesamt, VCÖ 201


Bundesländer Luftschadstoffinventur 1990-2010, seit 124 ff.:
Im Jahr 2010 wurden in Tirol 1700t PM 2,5 (2.800 t PM 10) emittiert. Das sind um 5,8 % PM 2,5 bzw. 3,3 % PM 10 weniger als im Jahr 2000. Im Vergleich zum vorangegangenen Jahr 2009 wurde  um 2,1 % mehr PM 2,5 emittiert; bei PM 10 at es nahezu keine Veränderungen gegeben (+ 0,01 %).
Hauptverursacher der PM 2,5-Emissionen war mit einem Anteil von 44 % der Kleinverbrauch  (30 % PM 10 ). Ein weiterer bedeutender Verursacher ist der Verkehr (30 % PM 2,5 bzw. 28 %  PM 10 ). Die Industrie trug zu 17 % (PM 2,5 ) bzw. 30 % (PM 10 ) zu den Feinstaubemissionen in Tirol  bei. Die Sektoren Landwirtschaft (3,2 % PM 2,5 bzw. 8,6 % PM 10 ), Energieversorgung (3,4 %  PM 2,5 bzw. 2,5 % PM 10 ) und Sonstige (2,4 % PM 2,5 bzw. 1,8 % PM10 ) sind ebenfalls an der  Emission von Feinstaub beteiligt
Die Feinstaubemissionen des Verkehrs sind seit dem Jahr 2000 um 27 % PM 2,5 bzw. 18 % PM10 gesunken, wobei seit 2005 ein besonders deutlicher Emissionsrückgang zu erkennen ist.
Dies ist auf verbesserte Antriebstechnologien moderner Kraftfahrzeuge sowie den Rückgang der verkauften Kraftstoffmengen zurückzuführen. Die gegenüber 2000 gestiegenen Emissionen des Sektors Energieversorgung begründen sich im ansteigenden Biomasseeinsatz.

Anmerkung:
Dividiert man die Jahresemission (2010) von 1700000kg durch die o.a. 330000 Einwohner im Luftsanierungsgebiet, bekommt jeder Einwohner 5,2 kg Pm2,5 (also 5200kg auf 1000 Einwohner)
Dividiert man die Jahresemission (2010) von 1700000kg durch die gesamten Einwohner Tirols (ca. 710000), so bekommt jeder Einwohner ca. 2,4 kg. Pm2,5 (also 2400 kg. Auf 1000 Einwohner)

Berücksichtigt man, dass der Verkehrsanteil am Pm2,5 bei 30% liegt, so ergibt sich für das Luftsanierungsgebiet 1500 kg verkehrsinduzierter Feinstaub Pm2,5, auf ganz Tirol umgelegt  700 kg pro 1000 Einwohner.