DTV = durchschnittlicher Tagesverkehr,
Quelle: http://www.oeaw.ac.at/krl/tagung/documents/Neuberger.pdf |
Das empfehlen die in der Bildunterschrift genannten
Sachverständigen im Rahmen einer Studie, die für die Steiermärkische
Landesregierung erstellt wurde. Das Diagramm stellt dar, in welchem Abstand zu
belastete Straßen Wohnen verhindert,
noch verantwortet, und wo es von der öffentlichen
Hand explizit gefördert werden darf.
Betrachten wir nun exemplarische Verkehrsdaten des Landes
Tirol (hier abzurufen: https://apps.tirol.gv.at/verkehr/vde/index.php ).....
exemplarische Verkehrsdaten |
…und stellen diese in Relation zur Flächenwidmung (die hier
nachgeschlagen werden kann: https://www.tirol.gv.at/statistik-budget/tiris/ )….
Überblick Flächenwidmung im Ballungsraum um Innsbruck: rot ist sind Bauland und Baulandähnliche Sonderflächen dargestellt; violett ist Gewerbegebiet |
…..so sind zwei
Fragen zu stellen:
Warum bauen wir Wohnhäuser unmittelbar an derart befahrenen
Straßen?
Warum nehmen wir die erhobenen Verkehrsdaten vorwiegend als
Argument Verkehrsknoten zu entschärfen (also den Verkehrsfluss zu erleichtern)
und nicht als Argumente eine deutliche Verschiebung des Modal Split zu
forcieren?
Angenommen, dass a) damit begründet wird, dass dort auch oft
der öffentliche Personennahverkehr (ÖV) verläuft und daher dort die beste
Zugänglichkeit für Bewohner besteht – einem Argument, dem ich mich als
Raumplaner keinesfalls verschließe, besteht die unumgängliche Notwendigkeit, –
ausgehend vom Diagramm der Luftschadstoffsachverständigen - ab einem durchschnittlichen
täglichen Verkehr (DTV) von über 5000 KFZ jedenfalls die weitere Belastung auf
den öffentlichen Personennahverkehr umzulegen und dessen Ausbau entsprechend
zulasten des MIV (motorisierten Individualverkehrs) voranzutreiben.*
Exemplarisch würde das für den Südring in Innsbruck (an dem
derzeit gerade zwei größere Wohnprojekte realisiert werden) bedeuten, den DTV
von ca. 40000 auf 5000 KFZ zu senken und entsprechende Kapazitäten im ÖV
bereitzustellen um das abzufangen.
Also 35000x1,4 (Besetzungsgrad pro PKW in Österreich, manche
Statistiken gehen von weniger aus) = ca. 49000 Fahrgäste mehr in der Relation
Südring. Die Zeit wäre demnach reif für kürzere S-Bahnaufenthalte in Innsbruck
(dzt. 7 Minuten, was das Durchfahren sehr unattraktiv macht),
Doppelstock-S-Bahnen und Rückbau des Südringes auf zwei MIV spuren zugunsten
einer eigene ÖV-Spur für den T-Bus, Radwegen und später eine Straßenbahn vom
Sieglanger bis zur Rossau (mindestens).
Was es für andere Orte in Tirol heißt, kann sich jeder
anhand der Daten ausrechnen: Einfach 5000 vom DTV abziehen und schauen was dann
übrig bleibt. Für mehr ÖV z.B. auf den Kaunerberg wird es zwar nicht reichen
(und dort wird auch das Auto erste Wahl bleiben müssen, wobei man per pedes
auch recht schnell oben ist) –aber am Talboden wäre einiges drin.
Mich bestärkt jedenfalls diese Analyse in der Ansicht, dass
die Mittelverteilung bei Infrastrukturmaßnahmen noch immer verdreht ist. Sie
würde vereinfacht gesagt nämlich aufgrund der Argumente Schadstoffe und
Platzverbrauch bedeuten, dass im Ballungsraum zwischen Landeck und Kufstein
fast nichts mehr in Straßenbau und -erhalt, fast alles jedoch in den
Umweltverbund (ÖV, Fußwege, Radwege) gesteckt werden muss.
P.S. und wer sagt, dass dann die Wirtschaft zum Erliegen
kommt, sehe sich die Zähldaten im Detail an – z.B. hier: Der nicht reduzierte
LKW-anteil würde ca. maximal ein Drittel der 5000 verbleibenden betragen (denn
leider muss ich zugeben, dass die Bahn tatsächlich logistisch nicht mehr
willens und in der Lage ist Stückgutgüterverkehr abzuwickeln)
Zählstwelle Egger-Lienz-Straße (= westlicher Südring); Details zum LKW-Verkehr |
*) In diesem Zusammenhang möchte ich DI Walter Zimmeter vom städtischen Tiefbauamt Innsbruck zitieren, der mich vor einigen Jahren
anlässlich der Verbannung des ÖV aus der künftigen Fußgängerzone Maria
Theresienstraße gefragt hat, „ob ich es akzeptieren würde, wenn man in meinen
Wohnzimmer mit (dreckigen) Straßenschuhen ginge“ . Wenn nun also Fahrverkehr (ich gehe nicht davon aus, dass
DI Zimmeter damit speziell den ÖV meinte) mit dreckigen Straßenschuhen im
Wohnzimmer zu vergleichen ist, müsste dasselbe wohl gerade dort gelten, wo
Menschen tatsächlich vorwiegend wohnen und nicht nur vorwiegend konsumieren.