Freitag, 21. Oktober 2011

Verkehrspolitik zum Fremdschämen: Bahnhof Martinsberg


Als Ergänzung  zum vorherigen Post dieser Leserbrief, der in der TT am 17.10.2011 gedruckt wurde – wie ich von meinem pensionierten Chef erfahren habe (denn ich hatte nicht damit gerechnet, dass es gedruckt wird, da es wohl nicht opportun ist). Zu Inhalt des Rechnungshofberichts, auf den er neugierig gewesen wäre und zur weitergehenden Deutung verweise ich auf eben diesen Bericht (im Text verlinkt) und meinen vorherigen Kommentar sowie meine Publikation dazu:

Sehr geehrte Damen / Herren

Wer sich über die Einstellung des Stückgutverkehrs in Wörgl wundert, sollte einmal den Rechnungshofbericht Nebenbahnen – Kosten und verkehrspolitische Bedeutung“  durchlesen – um sich dann noch mehr zu wundern. Allerdings muss man die Kurzfassung unbedingt überblättern und sofort bei den Schlussbemerkungen / Empfehlungen beginnen. Denn alles, was dort drin steht, hat bei der Bewertung gefehlt, weil es nicht da war. Da der Rechnungshof ein gewissenhafter Prüfer ist, muss er auf diese fehlenden Daten hinweisen. Es liest sich wie ein Katalog von Versäumnissen. Zu schließen ist, dass die Reduktion des Nebenbahnnetzes, wie sie seit den Achtzigerjahren wieder besonders eifrig betrieben wurde, dazu geführt hat, dass sich der Transport von kleineren Gütermengen auf der Bahn nicht mehr rentiert.  Und alle helfen eifrig mit – den Stehsatz „Verkehrsverlagerung auf die Schienen“ auf den Lippen – doch gleichzeitig Gütergleise demontierend, Straßen bauend und Investitionen in die Feinverteilung und Logistik auf der Schiene grundsätzlich in Frage stellend (wie z.B. jüngst bei der Zillertalbahn). Zwar mag ein bestimmter Anteil des Nebenbahnnetzes nur einen relativ geringen Anteil der Güter transportieren. Doch dieser „geringe“ Anteil ist mit dem Verzicht auf die betreffenden Bahnen weg und summiert sich mit dem auf, was leider auch in anderen Ländern passiert. Da die Verladung von Gütern zwischen verschiedenen Transportmedien das teuerste ist, bleibt dann nur die Straße. An der werden derzeit indirekt auf Kosten der Bürger, die wenigsten zum Teil eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene wünschen, große LKW-Parkplätze faktisch für einen möglichst leistungsfähigen Straßengütertransport gebaut.

Darüber hinaus stelle ich hier noch diese kürzlich(14.10.2011) an „Probahn“ gesendete Anregungen online:

Sehr geehrter Herr Mag. Haibach,

Sie haben ja am 30.8 Bezug auf einen Rechnungshofbericht (Fahrpläne) genommen - ich habe mir den Bericht vom September angesehen, der in den meisten Zeitungen (sogar im Lok Report http://www.lok-report.de/archiv/news_39/archiv_woche_donnerstag.html - aber immerhin bin ich dadurch aufmerksam darauf geworden) einfach nur nach der Kurzfassung zitiert wurde. Wie so oft ist bei näherer Betrachtung alles grundlegend anders und ich habe versucht mir einen eigenen Überblick (hier: 
 zu schaffen. Vielleicht kann man Inhalte des Rechnungshofberichts verwenden, um die sachliche Begründung des Bescheides zur Einstellung der Ybbstalbahn* zu hinterfragen. Wenn das ein konstruktiver Beitrag ist, freut´s mich.

mit freundlichen Grüßen
Martin Schönherr

*)nicht der vorliegenden Abbruchbescheid, sondern dessen Rechtgrundlage - daher dieses P.S.

P.S.: Außerdem würde mich interessieren, wie der zitierte Einstellungsbescheid der Ybbstalbahn unter Zl. RU6-E- 2870/001-2010 und RU6-E- 2865/001-2010 aussieht. Gibt es dort eine Beweiswürdigung der Verkehrsplanung und der Raumordnung bzw. hat man das alles berücksichtigt, was der Rechnungshof nun in seinen Empfehlungen aufgezählt hat? Was hat der Landesumweltanwalt dazu gesagt? Ich nehme an, dass man diesen Bescheid noch auseinandernehmen müsste, da dieser die Grundlage des nun angefochtenen Abrissbescheids vom September 2011 ist. Vielleicht hat man 2010 nur Pi x Daumen entschieden - dann wäre es ein Verfahrenmangel und das Werk möglicherweise mit Nichtigkeit bedroht, auch wenn der Jurist i.d.R. sagt, dass ein Bescheid jeden Blödsinn heilt. Ich habe den Verdacht, dass das quasi ein "Geheimbescheid" war, der ja ordnungsgemäß meines Wissens nur dem betr. Antragstellendenunternehmen zuzustellen ist. Dazu die hinterfotzige Anmerkung im Abbruchsbescheid: Angemerkt wird, dass etwaigen Interessenten im Rahmen des Verfahrens gemäß § 28 EisbG keine Parteistellung zukommt und diese somit auch nicht die Zustellung des (Einstellungs-)Bescheides beantragen können.

Im Vorfeld des Berichts habe ich übrigens am 8.10.201  folgende Rückfrage an den Rechnungshof gestellt (in der Publikation erwähnt) bisher aber noch keine Antwort erhalten:

Sehr geehrte Damen / Herren
ich habe den o.a. Bericht unter http://www.rechnungshof.gv.at/berichte/ansicht/detail/verein-hilfswerk-salzburg-sachwalterschaft-und-bewohnervertretung-kopie-1.html durchgelesen und versucht mir anhand der Texte und daten ein Bild zu machen.
Folgenden Fragen stellen sich mir:

1) Warum wurde auf Seite Seite 272 der Vergleich mit der Schweiz gezogen, obwohl zwischen der Ausstattung des Bahnnetzes und insbesondere in der Bedienungsqualität wesentliche Unterschiede bestehen?
2) Ich entnehme aus Punkten, wie Datenqualität und Controlling der ÖBB–Unternehmensgruppe, Seite 257, oder Pkt 4.4 auf Seite 267, dass eine wirkliche Analyse der Problemstrecken nicht stattfand und auch die Nachforderungen des RH weder von ÖBB noch vom Bundesministerium nicht zur vollsten Zufriedenheit erledigt wurden. Trifft das zu (bzw. siehe Frage 4)?
3) Meine Kurzfassung des RH-Berichts würde wie folgt lauten:
Spart die ÖBB durch die Abstoßung des Nebenbahnergänzungsnetzes 15 % ihrer Jahresausgaben und verzichtet 10% ihrer Jahreseinnahmen (jeweils bezogen auf das Hauptstreckennetz) so wird dadurch der Kostendeckungsgrad des Gesamtnetzes von 30 auf 31 % angehoben. Bitte sehen Sie sich dazu die beiliegende Tabelle an.
4)Trifft es zu, dass die ab Seite 300 aufgelisteten Schlussempfehlungen darauf hinweisen, dass man bei der Ausgliederung der Nebenbahnen eigentlich nicht wirklich genau wusste was man tat? Will der Rechnungshof damit andeuten, das bei einer gewissenhafter Erhbeung der Daten auch Maßnahmen zur Erhöhung des Kostendeckungsgrades mancher der betr. Nebenbahnen leichter zu finden wären?
5) Aufgefallen ist mir noch die Tabelle auf Seite 272. Wie kommen sie genau auf die dortigen Werte "Bahnstrecken pro Einwohner in Relation zurm EU-Schnitt"; da müsste die Schweiz mit ca. 5500km Bahnstrecken und 7,8 Mio Einwohnern doch bei ca. 160% und nicht knapp über 100% liegen? Bedeutet der Bezug auf den EU-Schnitt, dass dieses Ziel erstrebenswert wäre?

Noch etwas zu meinen Ausführungen in diesem Blog: Die Publikationen hier wurden keiner Peer Review unterzogen. Der Ansatz dieses Blogs entspricht dem Veröffentlichen um es zur Diskussion zu stellen. Und wenn niemand etwas Gegenteiliges dazu einfällt (vgl. Kritischer Rationalismus) dann steht das mal so da. Also bitte kommentieren, wem etwas gegen den Strich gehen sollte.

 

1 Kommentar:

  1. Hallo danke für den interessanten Artikel. Es ist interessant, dass dieTransportunternehmen immer mehr optimieren können obwohl die Infrastruktur kaum wächst udn teilweise sogar schrumpft.

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