Nachdem ich die Architekturausbildung genossen habe und nach Passieren bestimmter Schlüsselstellen nun „auf der anderen Seite“ dieses Faches gelandet bin, so frage ich mich schon mitunter, welchen Zweck ich ganz allgemein „Entwicklungsgeschichtlich“ zu erfüllen habe.
Wahrscheinlich nehm´ ich mich da zu wichtig und könnte diese Frage sozusagen „ablegen“ da sich das wirklich Maßgebende dem Blick aus der Gegenwart entzieht. Doch letztendlich bleibt die Frage im Raum und wird immer wieder zu stellen und neu zu beantworten sein.
Leopold Gerstel fällt mir immer wieder dazu ein, nachdem er einmal sagte, wie wichtig es wäre, dass in der Verwaltung Belange der Architektur (wobei sein Ansatz wohl eher philosophischer als technischer Natur war) berücksichtigt werden.
Nun bin ich dort, doch erkenne ich leider auch die sehr eng gesetzten Grenzen, in denen sich überhaupt was machen lässt.
Und so findet sich bei der Suche nach dem Richtungsweisenden nur das Machbare, das selten in die richtige Richtung weist oder jedenfalls dem Betrachter offen lässt, was es eigentlich will.
Das Zauberwort das man entgegenhalten soll, heißt Bewusstseinsbildung.
Denn nicht die Verwaltung entscheidet, sondern wir alle – also der Durchschnitt an Wahrnehmungsgabe der sich in der politischen Landschaft manifestiert. Und der Durchschnitt liegt tief, wenn es an Bewusstsein fehlt. Politiker sind daher oftmals leider im geometrisch-architektonischen Sinne ein- bis maximal zweidimensionale Wesen.
Doch genug der Spitzen, denn die Bringschuld der Bewusstseinsbildung liegt bei Architekten und Planern. Der Vorwurf an die Politik geht leider ins Leere. Ums ständige „Vorbeten“ führt kein Weg; daher auch dieser Blog.
Nachlese zu Leopold Gerstel
Die Aufarbeitung des Werks von Architekt Leopold Gerstel hat mittlerweile zu zwei öffentlich bekannten Unternehmungen geführt. Einerseits läuft seit Herbst 2010 als „Ableger“ eines Projekts des Technions Haifa an der Universität Innsbruck eine Lehrveranstaltung von Mathieu Wellner in deren Rahmen Gerstels Innsbrucker Jahre aufgearbeitet werden. Andererseits hat Arch. Rainer Köberl einen kleinen Nachruf im AUT Info 4/2010 Seite 18 verfasst.
Kern einer möglichen Werkdokumentation ist eine Sammlung von Zeichnungskopien und Texten, die zu Zeiten des Wirkens von Gerstel in Innsbruck an seinem Institut (Gebäudelehre) zusammengestellt wurden.
Drei persönliche Schlaglichter auf die darin enthaltenen Informationen:
1) Der Spruch „Architekt ist kein schöner Beruf“, den ich von Gerstel in Erinnerung habe, findet sich in etwas gemäßigter Form im Einleitungstext zu dieser Sammlung wieder. Gemäßigt dahingehend, dass er schreibt, dass die Anwendung seines Berufes (eher selten) große Freude bringt - dann, wenn die Phantasie bei den Studenten erweckt wird.
2) Beim Durchblättern der Werksammlung stolperte ich über eine Schnittzeichnung einer inneren Erschließung eines Wohnbaues in Migdal-Haemek, das mich an das Entstehen meines eigenen Diplomarbeitsentwurfs „Bauen am Rande der Stadt am Beispiel Landeck“ erinnert hat und an dem ich nun (neinnein - auch damals schon, aber nun mit etwas mehr Hintergrund) die inspirierende Wirkung des Lehrers erkenne. So erkenne ich nun im Nachhinein anhand dieses Beispiels den Status Nascendi, den Gerstel möglichst in einem gemachten Entwurf zu erhalten trachtete.
3) Über seinen Vater schreibt Gerstel, dass er von diesem die Liebe zu Atrien vermittelt bekommen habe. Und hier schließt sich der Kreis vorläufig (denn es soll diese Entwicklung ja ganz allgemein betrachtet weitergehen!) in Form dieses Artikels, den ich glücklicherweise im Rahmen meiner Broterwerbstätigkeit veröffentlichen durfte (sonst stünde er nun im Blog verlinkt auf Scribd hier, wie vor einiger Zeit der Artikel über Gerstel). Das zeigt jedenfalls, dass ein Same, erst einmal gesetzt, mit Zeitverzögerung weiter Geschehnisse nach sich zieht. Hier ist offenbar das Atrium hängen geblieben ;-)
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