Sehr geehrte Damen / Herren
Wenn ich die Äußerungen in letzter Zeit überblicke, habe ich
den Eindruck, dass manche Innsbrucker die Straßenbahn dämonisieren. Da einige
Unwahrheiten, wohl mangels Informationsstand, in den Umlauf gebracht werden,
möchte ich auf die meistgenannten Bedenken eingehen:
Bremsweg: Die Straßenbahn hat eine Magnetschienenbremse und
kann daher im Notfall unabhängig von den Witterungsverhältnissen auf einem
kürzeren Bremsweg als ein Bus stehen bleiben. Als Fahrgast würde ich als
Notfall allerdings z.B. ein Kind, das vom Bahnsteig springt sehen; nicht aber
ein leeres Fahrzeug, das verkehrsbehindernd abgestellt wurde.
Elektrische und magnetische Felder: Die gemeinhin als
Elektrosmog bezeichneten Empfindungen kommen vor allem von Wechselfeldern – also
Wechselstrom. Die Straßenbahn fährt allerdings mit Gleichstrom, wo die
Belastungen kaum mehr messbar sind. Ich hoffe, dass die Menschen, die sich vor
dem elektrischen Feld der Straßenbahn fürchten, keine eingeschalteten
Herdplatten, Fernseher oder Computer in der Wohnung oder ein Handy am Ohr
haben.
Lärm, schwierige Bergfahrten: Beim Dieselbus läuft der Motor
in der Regel im Stand weiter. Bergauf fährt er im niederen Gang und das klingt
wie eine Schlagbohrmaschine (sowohl für Fahrgast als auch Fußgänger, letztere
ersticken am Qualm). Sogar beim Oberleitungsbus gab es am Anfang seiner
Betriebszeit in den Achtzigerjahren häufig Beschwerden wegen seiner
Lärmentwicklung (!). Das zugegebenermaßen nervige Türöffnungssignal der
Straßenbahn müsste sich leicht auf das der Busse umstellen lassen (es ist ja
elektronisch generiert). Dass schlussendlich bei möglichst glatter Fahrbahn
(und etwas Glatteres als die Schiene gibt es nicht) die Rollgeräusche reduziert
werden, müsste einem der Hausverstand sagen. Dass diese glatte Fahrbahn
trotzdem geeignet ist, bergaufzufahren, mag für manche ein Wunder sein; die
Praxis seit nunmehr fast zwei Jahrhunderten beweist aber, dass es
funktioniert.
Warum Oberleitungsbus einstellen: Ich denke, dass der O-Bus
durchaus auch seinen Platz in Innsbruck hätte behalten können, allerdings dann
auf Stadtlinien wie A oder J, vielleicht auch auf einigen Regionalbuslinien.
Auf Linien, wie O, R, später auch D oder E ist es hingegen notwendig, die
Fahrzeuggröße so zu erhöhen, dass man mit einer Fahrt nicht 200 sondern fast 400
Fahrgäste transportieren kann. Da hilft auch der Dreigelenks-O-Bus nichts mehr,
das geht praktisch nur mit der Tram oder aber einem Busintervall, das PKW
Verkehr im Stadtgebiet zur Gänze ausschließt (das wäre der einzige Vorteil, den
ich daran sehen würde, ich glaube aber nicht, dass gerade das die Zustimmung der
Tram gegen finden würde).
Kosten: Die Kosten müssen immer auf die Lebensdauer des
Systems umgelegt werden. Da hat man in Innsbruck sicher einige Fehler gemacht,
man sollte aber mit dem Fehlermachen aufhören und einmal installierte Systeme
pflegen und sinnvoll erweitern, wie das beim Abwasserkanal oder bei den
Trinkwasserleitungen bereits geschieht. Auch Bei der Tram hat man das
prinzipiell erkannt und die Maßnahmen werden sich auch bezahlt machen, wenn man
zumindest 40 Jahre dabei bleibt. Bei pfleglichem Umgang müssten die zügig
trassierten Tramstrecken, die leider von einer ewiggestrigen Autofahrerlobby
bisher meistens verhindert wurden, auch 80 Jahre halten. Wenn man
Geldverschwendung thematisiert, sollte man sich zuerst die Frage nach der
Sinnhaftigkeit von Straßenprojekten wie der Graßmayrkreuzung oder dem
Tschirganttunnel stellen – denn im Straßenbau wird noch immer zu viel Geld
verschwendet.
Geringe Flexibilität: Leider redet in der Diskussion fast
niemand über die Fahrgäste, um die es in erster Linie gehen muss. Die
Straßenbahn ist mit ihrer Fahrweise durch den fixierter Fahrweg angenehmer – vor
allem wenn der Wagen voll besetzt ist. Zudem ist ein fixierter Fahrweg bei den
täglichen Wegen berechenbarer. Die Zeitungen sind voll von Autowerbung, wo es
letztendlich nur um die Befriedigung von Komfort und Geschwindigkeitsrausch
geht. Möchte man Fahrgäste für den öffentlichen Verkehr gewinnen und halten,
muss man vor allem für ein gewisses Maß an Komfort sorgen, da man bei der
Geschwindigkeit angesichts der nur illegal erfüllbaren Ideale der Autowerbung
weniger punkten können wird. Die Straßenbahn bietet besseren Komfort und stärkt
die Präsenz des öffentlichen Verkehrs im öffentlichen Raum.
Ich erwarte mir von der Regierung, die allerdings immer nur
ein Spiegel ihrer Bevölkerung sein kann, diesen Weitblick zum Wohl für Stadt und
Land - mag das auch sehr pathetisch klingen. Ich hoffe, dass sich in dieser
Angelegenheit Menschen mit sachlichem Zugang in der nächste Zeit vermehrt
deklarieren, damit man das in diesem „Spiegel“ erkennen kann und sich auch etwas
ändert.
Update (12.1.2014): Ein Arbeitskollege fands in der Wochenendausgabe der TT. Doch fast den ganze Brief gedruckt und noch schön redigiert (zensuriert schreib ich nicht, denn sie haben den Brief aus meiner Sicht nur versachlicht - und das ist ein netter Service der TT, Danke)
Update (12.1.2014): Ein Arbeitskollege fands in der Wochenendausgabe der TT. Doch fast den ganze Brief gedruckt und noch schön redigiert (zensuriert schreib ich nicht, denn sie haben den Brief aus meiner Sicht nur versachlicht - und das ist ein netter Service der TT, Danke)
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