Freitag, 20. Dezember 2013

....und nach langer Zeit wieder einmal ein Leserbrief an die TT, der wohl längenbedingt nicht dorthin finden wird.

Sehr geehrte Damen / Herren

Wenn ich die Äußerungen in letzter Zeit überblicke, habe ich den Eindruck, dass manche Innsbrucker die Straßenbahn dämonisieren. Da einige Unwahrheiten, wohl mangels Informationsstand, in den Umlauf gebracht werden, möchte ich auf die meistgenannten Bedenken eingehen:

Bremsweg: Die Straßenbahn hat eine Magnetschienenbremse und kann daher im Notfall unabhängig von den Witterungsverhältnissen auf einem kürzeren Bremsweg als ein Bus stehen bleiben. Als Fahrgast würde ich als Notfall  allerdings z.B. ein Kind, das vom Bahnsteig springt sehen; nicht aber ein leeres Fahrzeug, das verkehrsbehindernd abgestellt wurde.
Elektrische und magnetische Felder: Die gemeinhin als Elektrosmog bezeichneten Empfindungen kommen vor allem von Wechselfeldern – also Wechselstrom. Die Straßenbahn fährt allerdings mit Gleichstrom, wo die Belastungen kaum mehr messbar sind. Ich hoffe, dass die Menschen, die sich vor dem elektrischen Feld der Straßenbahn fürchten, keine eingeschalteten Herdplatten, Fernseher oder Computer in der Wohnung oder ein Handy am Ohr haben.

Lärm, schwierige Bergfahrten: Beim Dieselbus läuft der Motor in der Regel im Stand weiter. Bergauf fährt er im niederen Gang und das klingt wie eine Schlagbohrmaschine (sowohl für Fahrgast als auch Fußgänger, letztere ersticken am Qualm). Sogar beim Oberleitungsbus gab es am Anfang seiner Betriebszeit in den Achtzigerjahren häufig Beschwerden wegen seiner Lärmentwicklung (!).  Das zugegebenermaßen nervige Türöffnungssignal der Straßenbahn müsste sich leicht auf das der Busse umstellen lassen (es ist ja elektronisch generiert). Dass  schlussendlich bei möglichst glatter Fahrbahn (und etwas Glatteres als die Schiene gibt es nicht) die Rollgeräusche reduziert werden, müsste einem der Hausverstand sagen.  Dass diese glatte Fahrbahn trotzdem geeignet ist, bergaufzufahren, mag für manche ein Wunder sein;  die Praxis seit nunmehr fast zwei Jahrhunderten beweist aber, dass es funktioniert.

Warum Oberleitungsbus einstellen: Ich denke, dass der O-Bus durchaus auch seinen Platz in Innsbruck hätte behalten können, allerdings dann auf Stadtlinien wie A oder J, vielleicht auch auf einigen Regionalbuslinien.  Auf Linien, wie O, R, später auch D oder E ist es hingegen notwendig, die Fahrzeuggröße so zu erhöhen, dass man mit einer Fahrt nicht 200 sondern fast 400 Fahrgäste transportieren kann. Da hilft auch der Dreigelenks-O-Bus nichts mehr, das geht praktisch nur mit der Tram oder aber einem Busintervall, das PKW Verkehr im Stadtgebiet zur Gänze ausschließt (das wäre der einzige Vorteil, den ich daran sehen würde, ich glaube aber nicht, dass gerade das die Zustimmung der Tram gegen finden würde).

Kosten: Die Kosten müssen immer auf die Lebensdauer des Systems umgelegt werden. Da hat man in Innsbruck sicher einige Fehler gemacht, man sollte aber mit dem Fehlermachen aufhören und einmal installierte Systeme pflegen und sinnvoll erweitern, wie das beim Abwasserkanal oder bei den Trinkwasserleitungen bereits geschieht. Auch Bei der Tram hat man das prinzipiell erkannt und die Maßnahmen werden sich auch bezahlt machen, wenn man zumindest 40 Jahre dabei bleibt. Bei pfleglichem Umgang müssten die zügig trassierten Tramstrecken, die leider von einer ewiggestrigen Autofahrerlobby bisher meistens verhindert wurden, auch 80 Jahre halten. Wenn man Geldverschwendung thematisiert, sollte man sich zuerst die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Straßenprojekten wie der Graßmayrkreuzung oder dem Tschirganttunnel stellen – denn im Straßenbau wird noch immer zu viel Geld verschwendet.

Geringe Flexibilität: Leider redet in der Diskussion fast niemand über die Fahrgäste, um die es in erster Linie gehen muss. Die Straßenbahn ist mit ihrer Fahrweise durch den fixierter Fahrweg angenehmer – vor allem wenn der Wagen voll besetzt ist. Zudem ist ein fixierter Fahrweg bei den täglichen Wegen berechenbarer. Die Zeitungen sind voll von Autowerbung, wo es letztendlich nur um die Befriedigung von Komfort und Geschwindigkeitsrausch geht. Möchte man Fahrgäste für den öffentlichen Verkehr gewinnen und halten, muss man vor allem für ein gewisses Maß an Komfort sorgen, da man bei der Geschwindigkeit angesichts der nur illegal erfüllbaren Ideale der Autowerbung weniger punkten können wird. Die Straßenbahn bietet besseren Komfort und stärkt die Präsenz des öffentlichen Verkehrs im öffentlichen Raum.

Ich erwarte mir von der Regierung, die allerdings immer nur ein Spiegel ihrer Bevölkerung sein kann, diesen Weitblick zum Wohl für Stadt und Land - mag das auch sehr pathetisch klingen. Ich hoffe, dass sich in dieser Angelegenheit Menschen mit sachlichem Zugang in der nächste Zeit vermehrt deklarieren, damit man das in diesem „Spiegel“ erkennen kann und sich auch etwas ändert.

Update (12.1.2014): Ein Arbeitskollege fands in der Wochenendausgabe der TT. Doch fast den ganze Brief gedruckt und noch schön redigiert (zensuriert schreib ich nicht, denn sie haben den Brief aus meiner Sicht nur versachlicht - und das ist ein netter Service der TT, Danke)

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Um etwas Bewegung in das Regionalbahnprojekt und vor allem dessen langfristige Fortführung*  zu bekommen habe ich kürzlich eine Petition an den Tiroler Landtag verfasst, die sich mit diesem Problem befasst.


Aus gegebenem Anlass  – hier werden die Tatsachen nämlich ordentlich verdreht** – gesellte sich noch eine weitere Petition zum Thema Ausbau Arlbergbahn dazu.

Auf der Homepage des Landes Tirol wurden meine beiden Petition gemeinsam aufgelegt.


Bitte unterzeichnen! Herzlichen Dank im voraus.

*) Das gegenwärtige Urprojekt der Regionalbahn ist eine Trassenstudie für eine Meterspurstrecke von Telfs bis Jenbach, beruhend auf einen früheren Projekt einer "Vicinalbahn" von Hötting nach Brixlegg (um 1904). Mit der Petition soll ein Teil dieses Projekts in Erinnerung gerufen werden, da man sich gerade einmal wieder diesbezüglich im Schwanzeinziehen übt. Im Vorfeld wurde von mir auch für den GR der Stadt Innsbruck eine Petition eingebracht, die anlässlich der Quereln um die Straßenbahnstrecke Peergründe verfasst wurde und auch die langfristigen Aspekte des Gesamtprojekts aus Stadtperspektive behandelt.

**)Defakto ist es nicht der ÖBB zu teur, sondern den Auftraggebern . 
Und das mag leider auch stimmen, wenn man mit der Arlbergbahn nichts konkretes Langfristiges vor hat. Deshalb eben auch hier die Petition, um langfristiges Denken wieder populär zu machen


Dienstag, 3. Dezember 2013

Freiburg, 1981

Juli1981. Anlässlich meiner ersten Teilnahme an einer Jugendgruppenreise von Professor Friedrich Röck kam ich zum ersten Mal nach Freiburg i Breisgau.

Prof Röck hat auf seinen Reisen deren Mehreinnahmen dem Verein Sonnenland zugute kamen fast immer zuerst im Campingplatz Freiburg Hirzberg Halt gemacht, denn dort gab es aufgrund der Städtepartnerschaft mit Freiburg Sonderkonditionen.

Im Urlaub war ich schon immer eher Frühaufsteher und so begann meine erste Stadterkundung auf eigene Faust zwischen 5 und 6 Uhr Früh mit dem Endergebnis des obigen Photos, dem sog. Freiburger Kaufhaus.


Die Photos auf dem Weg in die Stadt hinein, die ich damals mangels eines größeren Urlaubsbudgets nicht gemacht habe, blieben aber als Gesamteindruck.


Es gab also da im Westen eine Stadt, die sich erstaunlicherweise sogar mit Innsbruck verpartnerte, der Innsbruck kaum das Wasser reichen konnte. Wohl ist unsere Umfeld spektakulärer, aber diese Stadt dort vermittelt einen selbst bewusstes In-sich-ruhen. Ich hatte das Gefühl, (denn benennen konnte ich es damals kaum) dass fast jedes Detail des Stadtgefüges überlegt gesetzt war, um jedem Bewohner und jedem Besucher Vertrautheit und Zuneigung zu vermitteln (und zurückzubekommen!). Die Stadt hat etwas Betuliches, ohne aber spießig oder kleingeistig zu wirken. Gern bin ich wieder ab und zu dorthin gefahren – muss nun allerdings feststellen, dass mein letzter Besuch mittlerweile schon fast 25 Jahre zurückliegt. Dazumal war es die letzte Urlaubsreise, bei der ich gnädigerweise meine Eltern begleitete und sie sofort in diese meiner Meinung nach mit Abstand schönste Stadt verschleppte.


Aus den Augen bedeutet nicht aus dem Sinn. Ich habe in den Jahren die Entwicklung Freiburgs verfolgt und mir schien im Vergleich, dass sich Freiburg beständig aufwärts entwickelte, wohingegen Innsbruck bis um 2005 abwärts driftete.

Planerischen Göttern gleich standen da Stadtentwicklungsprojekte wie Rieselfeld oder Vauban im Raum. Doch im Gegensatz zu Göttern durchaus nicht entrückt, sondern sehr konkret und sicher nicht abgehoben.


Da war es nur logisch, einen Vortrag, bei dem es um die Stadtplanung in Freiburg ging zu besuchen.

Ein etwas älterer Herr legte im AUT seinen Gedanken zur Stadtplanung dar. Mochten auch die einleitenden Bemerkungen eher No-Na Natur gewesen sein, so schälte sich im Lauf des Vortrags von Wulff Daseking ein Planungsselbstverständnis heraus, von dem sich leider das Gros der Planer verabschiedet zu haben scheint.

Mein Fazit zum Vortrag:

  • Wir wollen in der Architektur Hochkultur und erreichen bestenfalls Mittelmaß, da wir die Festlegung der Rahmenvorgaben scheuen.
  • Scheut man diese Festlegungen nicht und nimmt in Kauf einen mittelmäßig erscheinenden Rahmen zu definieren, so lässt man erst Spielraum für individuelle Entfaltung und Hochkultur kann punktuelle erst passieren.
Hätte ich dem Vortragenden eine Frage gestellt, so wäre es die gewesen, darzulegen was in Freiburg schon vor Beginn seines Wirkens an planerischer Substanz vorhanden war. Die Antwort darauf wurde aber in seinem Vortrag schon gegeben. 
Er hat einen Plan der langfristigen Siedlungsgrenzen Freiburgs gezeigt, der schon lange vor 1980 da war und zeigt, was das wichtigste für eine funktionierende Raumplanung ist:

Kontinuität und sehr langfristiges Denken. 

Er hat den Plan übernommen und verfeinert und nicht verworfen….


….und natürlich gibt es in Freiburg auch eine Straßenbahn, die langsam aber stetig erweitert wurde, während man in Innsbruck noch Angst vor der eigenen Courage hatte.