Samstag, 5. Dezember 2015

Die Rückreise aus diesem Sommerurlaub war etwas abenteuerlich. Der Nachzug von Amsterdam nach München (CNL 419 „Pollux“) war, wie auch zuvor auf der Hinfahrt, fast ausgebucht. Allerdings hatte man auf der Fahrt retour zwei Schlafwagen zu wenig, die erst nach Passieren der deutschen Grenze aufgetrieben werden konnten. Das Personal war nach meinem Eindruck nach kompetent und freundlich, denn anhören mussten sich die einiges, was man hier nicht schreiben kann. 

Das letzte Mal Nachtzug?

Am folgenden Morgen, als wir gemütlich über die Alb von Geislingen nach Ulm zuckelten, hinter uns eine Regioexpress, der immer wieder verzögern musste, damit er nicht auffuhr, kam der Schaffner mit den bereits bestätigten Formularen für die Fahrpreisrückerstattung: Zwar waren die zwei Stunden Verspätung noch nicht ganz voll, das würde jedoch noch bis München „werden“ und außerdem sind die Anschlüsse ja bereits verpasst.
Mittlerweile haben wird 50% der Fahrpreise zurückerhalten, nebst freundlich-eilfertigen Schreiben der Bahnverwaltungen…..einen Eindruck, den ich bereits im Schlafwagen hatte, wurde ich jedoch nicht los:
Werden da sowohl Fahrgäste als auch Personal benutzt um, verpackt in den Servicegedanken, mit dem Instrument der Fahrpreisrückerstattung Nachtzüge so ins Minus zu bringen, dass sie keinesfalls mehr kostendeckend betrieben werden können?
Gibt es möglicherweise Anweisungen vom höheren ans mittlere Management,  durch Unterlassung Mängel zu schaffen, die solchen Fahrpreisrückerstattungen förderlich sind?

Lebhaft stellte ich mir noch während der Fahrt von München nach Innsbruck ein „Geheimpapier“ vor, in dem einer aus dem höheren Management seine Untergeben dazu anweist, das Halten der Qualitätsstandards im CNL mal ganz locker zu sehen um eine erzieherische Wirkung bei jenen unverbesserlichen Fahrgästen zu erzielen, welche noch immer mit Nachzügen reisen wollen, mit kollegialen Grüßen Rüdiger.

Schon war ich am Überlegen, wie man eine solches Dokument in einem Zug der deutschen Bahn liegen lassen könnte, dann so tut, als hätte man es entdeckt und einen empörten offenen Brief direkt ans Management schreibt.
Ich unterließ das aus drei Gründen:
Erstens, weil es zwar möglicherweise die Wahrheit ist,  ich das aber nicht wissen kann und somit eine Lüge verbreiten würde.
Zweites, weil ein Manager der deutschen Bahn  so etwas in einem Zug nicht liegen lassen wird, weil er in der Regel mit dem Auto fährt oder mit dem Flugzeug fliegt also die Auffindungsgeschichte selbst schon konstruiert wirken würde.
Drittens, weil als Antwort auf solch eine Empörung normalerweise nur die Flucht der Beschuldigten nach vorn eintritt – wenn die unterstellte perfide Vorgangsweise des Bahnmanagements der Wahrheit entsprechen sollte, dürfte man sich also nur eine rotzfreche Antwort erwarten, die man ja schon bei anderen derartigen Aufdeckungsvorgängen kennt.

Nun ist jedoch ohnehin die Katze aus dem Sack * und auch wenn hintennach gewattet ist, sozusagen als Abgesang grabe ich zwei Altlasten aus, die bei meinen unerledigten Dingen herumliegen und zu diesem Thema indirekt und direkt passen.
*) Der Artikel der Süddeutschen Zeitung klingt wie ein bezahlte Einschaltung.

Der erweiterte Selbstmord mit einem Verkehrsflugzeug  (Germanwings 9525) hat in mir einige Fragen aufgeworfen. Unter anderem über die Sicherheit des Fliegens – auch wenn es sich hier sozusagen um menschliches Versagen handelte. Auch stellte ich mir die Frage, warum in der Verkehrspolitik keine Schwerpunkte gesetzt werden, sonder munter die Gießkanne in alle erdenklichen Richtungen geschwungen wird um möglichst geringen Nutzen für ein Maximum an Kosten zu erzielen.
Wahrscheinlich, weil es doch in irgendeiner Weise ein Geschäft ist. Und wenn mal zufälligerweise und unerwartet etwas Vernünftiges geschieht,  dann wohl auch nur, weil eine Mehrheit ein Beteiligten (Spekulanten, Kunden) einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen mein.
Im April 2015 habe ich zum Thema Flugsicherheit und Nachtzugverkehr einige Gedanken niedergeschrieben.  Veröffentlicht habe ich sie nur in kleinem Kreis, da mir es damals etwas pietätlos erschien.
Aus dem Jahr 2011  stammt die als Blogeintrag entworfene „Kurzgeschichte“ die man mit  „Rückentwicklung eines Gemeinwesens“ umschreiben könnte, auch wenn die Motivation eher in verkehrspolitischen Verhältnissen zu suchen ist.

Montag, 26. Oktober 2015

Ich habe keinen Ahnung, ob der Leserbrief, den ich am 9.10.2015 an die TT geschickt habe abgedruckt wurde.  Jezt stelle ich ihn online, da er mit einen Blogeintrag auf  www.paschberg.blogspot.com zusammenpasst.


Nachdem kürzlich angesprochen wurde, dass der Autoverkehr, der durch die bestehende Talstation hervorgerufen wird, für eine Verschiebung der Patscherkofelbahntalstation zum Olex zugunsten eines Wohnbaus in Igls spricht, sollte man das auch genauer ermitteln.  Der derzeitige Parkplatz bei der Patscherkofelbahn fasst ca.  350 Autos (auf ca. 7000m²).Verbaut man diesen Grund samt alter Talstation nun mit einer Wohnanlage, fänden  dort auf einem Hektar 70-100 Familien* Platz. Igls hat zwar eine sehr gute ÖV-Anbindung durch Straßenbahn und Bus; doch muss man davon ausgehen, dass ohne steuernde Maßnahmen bei der Vergabe, dort kaum Auto-Abstinente einziehen werden.  Das bedeutet, dass wohl zwischen 100 und 200 Pkws zu erwarten sind, die täglich mit Sicherheit mehrmals aus und einfahren (Hol- und Bringverkehr für Kinder, Einkaufsverkehr, Freizeitverkehr, wahrscheinlich auch Pendlervekehr). Ich wäre mir also nicht so sicher, was von den zwei Varianten mehr zusätzlichen Autoverkehr hervorruft. 
Meiner Meinung nach wäre es daher wichtig, im Falle einer Umnutzung des Areals bei der alten Talstation sicherzustellen, dass  man mit dem ÖV künftig  ohne Umwege direkt von Igls  die neue Talstation erreicht (künftig keine alternierenden Busrouten des J mehr).  Das bedeutet, dass der ÖV-taugliche Ausbau der Badhausstraße (samt Gehsteig für Wanderer)  als direkte Verbindung vom Ortskern Igls zur neuen Talstation oder noch besser  die Verlängerung der Iglerbahn zum Olex als Teil der Verlegungskosten der neuen verkürzten Patscherkofelbahn anzurechnen sind.  Die Straßenbahn hat mehr als ausreichende Kapazitäten als Schigebietszubringer und Machbarkeitsstudien dazu gibt es.

 *) Nachtrage von heute: Irgendwo habe ich kürzlich etwas von 300 geplanten Wohnungen gelesen, wie man sich das vorstellt, ist mir nicht klar, obwohl ich ein Freund der Verdichtung bin. Vielleicht denkt man an ein Schichtschläfermodell?

Samstag, 26. September 2015



Am 9.10.2015, 17h00 wird im Rahmen der AUT „vor Ort“ Veranstaltung der neue Sillblock der Architekten Salvi/Weber zu besichtigen sein.  Schon wie 2011 auf wettbewerbe.at der Entwurf präsentiert wurde machte er neugierig – ist er doch eine überzeugende Lösung des Eckhausproblems bei der Blockrandbebauung. 

Kaum zu glauben. 2015. Und ein beinahe echter Block!


Das „Eckhausproblem“ ist ein Belichtungs-/Bauwerkstiefenproblem und wenn man sich gründerzeitliche Wohnblöcke ansieht, sieht man mitunter, dass diese im Inneneckbereich verschmälert werden – dadurch aber letztendlich auch nur sehr dunkel Winkel schaffen. Eine andere Lösung ist die 45° Abschrägung der Ecken des Wohnblocks, wie das z.B. in Cerdas Plan für Barcelona angewandt wird.

Letztendlich schien mir aber, das in den letzten Jahren die konsequente Blockrandbebauung allenfalls als postmoderne Zitate in Entwürfen, wie sie beispielsweise Rob Krier macht, auftauchen.



Sonstige zeitgenössische Blockrandbebauunges bleiben immer irgendwo offen um dem Eckproblem zu entgehen. Blöcke rechtwinkelig zueinander gestellten isolierten Scheiben. Nicht richtig offen, nicht richtig geschlossen. Weder Fisch noch Fleisch. Vielleicht ist das aber auch ein Zeitgeistsymptom. So als hätte alle gleichermaßen Claustro- und Agoraphobie. Wie man geschlossen Räume überall aufreist so verstellt man gleichermaßen Plätze mit Bumentöpfen und sonstigen „Möbeln“.



Mit dem Aufreißen ist aber der Vorteil des Blocks verschwunden. Nur wenn er geschlossen ist, kann er auch einen „Paradiesgarten“ rahmen, der eine Oase ohne Verkehrsgeräusche in mitten in der Stadt ist.

Der geschützen Garten mit den ebenso geschützten Balkonen




Der Sillblock könnte von seinen Etnwurfsgrundgedanken her eine Wiedergeburt der Blockrandbebauung einleiten. Zwar  hat man sich auch hier nicht getraut, ihn wirklich geschlossen machen – zumal er nur eine halber Block ist; doch würde er genauso gut komplett geschlossen funktionieren; denn der Sägezahneingang zum Hof mit den Balkonen, die sich gegenseitig anschauen hat wohl mehr skulpturale Qualität. Er wird and dieser stelle aber keinen Lärm einlassen, da dort eine Nebenstraße verläuft. 

Die erste Binsenmatten ist allerdings schon aufgestellt.



Das besondere an diesem Entwurf ist jedoch, dass das Gebäude ausgerechnet an der kritischen Stelle im Eck deutlich breiter wird. Die Wohnungsgrundrisse haben es dabei in sich. Man hat das Gefühl die Architektenhaben Tetris gespielt, um das zusammenzufügen. Pro Ecke wären in der günstigsten Einteilungsvariante zwei mittelgroße Wohnungen die nur zur Straße orientiert sind; alle anderen sind sowohl zur Straße als auch zum Innenhof orientiert.


Durch die Verdickung zu Eck hin sind die Balkone zum Hof so zueinander abgestuft, das jede Wohnung einen vor fremden Einblicken geschützten Bereich hat. Zu guter letzt ist das Haus mit einem Hochparterre konzipiert – d.h. man kann im Erdgeschoß hier auch gut Wohnung, da man ca. 3 m Brüstungshöhe über der Straße bzw. dem Innenhof.
Der Baum wirkt zwar noch etwas arm. aber die straßenseitgen Balkone lassen sich gut nutzen.


Interessant dürfte nun sein, wie die Bewohner die Wohnungen empfinden. Sind die vergleichsweise komplizierten Wohnungstrennwände hellhörig? Hat man die wenigen für Wohnzwecke etwas benachteiligten straßenseitigen Eckwohnungen z.B. auch für Büro oder Ordinationen verwendet – der Mix wäre ohnehin praktisch und würde dem entsprechen, wie sich die Nutzungen in alten Wohnblöcken entwickelt haben?

Freitag, 20. Februar 2015


DTV = durchschnittlicher Tagesverkehr,
Quelle: http://www.oeaw.ac.at/krl/tagung/documents/Neuberger.pdf



Das empfehlen die in der Bildunterschrift genannten Sachverständigen im Rahmen einer Studie, die für die Steiermärkische Landesregierung erstellt wurde. Das Diagramm stellt dar, in welchem Abstand zu belastete Straßen Wohnen verhindert,  noch verantwortet, und wo es von der öffentlichen Hand explizit gefördert werden darf.

Betrachten wir nun exemplarische Verkehrsdaten des Landes Tirol (hier abzurufen: https://apps.tirol.gv.at/verkehr/vde/index.php ).....

exemplarische Verkehrsdaten



…und stellen diese in Relation zur Flächenwidmung (die hier nachgeschlagen werden kann: https://www.tirol.gv.at/statistik-budget/tiris/ )….




Überblick Flächenwidmung im Ballungsraum um Innsbruck: rot ist sind Bauland und Baulandähnliche Sonderflächen dargestellt; violett ist Gewerbegebiet



…..so  sind zwei Fragen zu stellen:
Warum bauen wir Wohnhäuser unmittelbar an derart befahrenen Straßen?
Warum nehmen wir die erhobenen Verkehrsdaten vorwiegend als Argument Verkehrsknoten zu entschärfen (also den Verkehrsfluss zu erleichtern) und nicht als Argumente eine deutliche Verschiebung des Modal Split zu forcieren?

Angenommen, dass a) damit begründet wird, dass dort auch oft der öffentliche Personennahverkehr (ÖV) verläuft und daher dort die beste Zugänglichkeit für Bewohner besteht – einem Argument, dem ich mich als Raumplaner keinesfalls verschließe, besteht die unumgängliche Notwendigkeit, – ausgehend vom Diagramm der Luftschadstoffsachverständigen - ab einem durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) von über 5000 KFZ jedenfalls die weitere Belastung auf den öffentlichen Personennahverkehr umzulegen und dessen Ausbau entsprechend zulasten des MIV (motorisierten Individualverkehrs) voranzutreiben.*
Exemplarisch würde das für den Südring in Innsbruck (an dem derzeit gerade zwei größere Wohnprojekte realisiert werden) bedeuten, den DTV von ca. 40000 auf 5000 KFZ zu senken und entsprechende Kapazitäten im ÖV bereitzustellen um das abzufangen.


Also 35000x1,4 (Besetzungsgrad pro PKW in Österreich, manche Statistiken gehen von weniger aus) = ca. 49000 Fahrgäste mehr in der Relation Südring. Die Zeit wäre demnach reif für kürzere S-Bahnaufenthalte in Innsbruck (dzt. 7 Minuten, was das Durchfahren sehr unattraktiv macht), Doppelstock-S-Bahnen und Rückbau des Südringes auf zwei MIV spuren zugunsten einer eigene ÖV-Spur für den T-Bus, Radwegen und später eine Straßenbahn vom Sieglanger bis zur Rossau (mindestens).
Was es für andere Orte in Tirol heißt, kann sich jeder anhand der Daten ausrechnen: Einfach 5000 vom DTV abziehen und schauen was dann übrig bleibt. Für mehr ÖV z.B. auf den Kaunerberg wird es zwar nicht reichen (und dort wird auch das Auto erste Wahl bleiben müssen, wobei man per pedes auch recht schnell oben ist) –aber am Talboden wäre einiges drin.
Mich bestärkt jedenfalls diese Analyse in der Ansicht, dass die Mittelverteilung bei Infrastrukturmaßnahmen noch immer verdreht ist. Sie würde vereinfacht gesagt nämlich aufgrund der Argumente Schadstoffe und Platzverbrauch bedeuten, dass im Ballungsraum zwischen Landeck und Kufstein fast nichts mehr in Straßenbau und -erhalt, fast alles jedoch in den Umweltverbund (ÖV, Fußwege, Radwege) gesteckt werden muss.
P.S. und wer sagt, dass dann die Wirtschaft zum Erliegen kommt, sehe sich die Zähldaten im Detail an – z.B. hier: Der nicht reduzierte LKW-anteil würde ca. maximal ein Drittel der 5000 verbleibenden betragen (denn leider muss ich zugeben, dass die Bahn tatsächlich logistisch nicht mehr willens und in der Lage ist Stückgutgüterverkehr abzuwickeln)

Zählstwelle Egger-Lienz-Straße (= westlicher Südring); Details zum LKW-Verkehr

 






*) In diesem Zusammenhang möchte ich DI Walter Zimmeter vom städtischen Tiefbauamt Innsbruck zitieren, der mich vor einigen Jahren anlässlich der Verbannung des ÖV aus der künftigen Fußgängerzone Maria Theresienstraße gefragt hat, „ob ich es akzeptieren würde, wenn man in meinen Wohnzimmer mit (dreckigen) Straßenschuhen ginge“ . Wenn nun also  Fahrverkehr (ich gehe nicht davon aus, dass DI Zimmeter damit speziell den ÖV meinte) mit dreckigen Straßenschuhen im Wohnzimmer zu vergleichen ist, müsste dasselbe wohl gerade dort gelten, wo Menschen tatsächlich vorwiegend wohnen und nicht nur vorwiegend konsumieren.